Tanauan und Siquijor 2013

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Tanauan 2013

Taifungebiet Tanauan, November Dezember 2013

 

Am 22. November 2013 war es soweit.

Die Nachzügler der Surgical Mission Saarland machten sich endlich auf den Weg um die schon eine Woche vorher anreisten Kollegen im Krisengebiet Tanauan auf der Insel Leyte aufzusuchen. Bei der Ankunft am Flughafen Cebu trafen wir auf ein Fernsehteam vom SR und auf Joyce, eine philippinische Krankenschwester von ''Ärzte für die dritte Welt'', die unsere Begleiter der nächsten Wochen waren. Zunächst fuhren wir gemeinsam in ein Hotel in Cebu, unsere Schlafstätte für die erste Nacht. Aber von Zeit zum Ausruhen keine Spur. Wir brauchten Geld, Telefonkarten, Lebensmittel und Wasser. Joyce und ein Teil der Gruppe fuhren zur Bank und in den Supermarkt um uns mit dem Nötigsten für die nächsten Tage einzudecken. Abends ging die Gruppe noch ein letztes Mal gemeinsam in ein Restaurant essen und erlebt auf dem Rückweg ins Hotel einen versuchten Überfall philippinischer Kinder. Es blieb beim Versuch.

 

Sonntag 4 Uhr morgens. Treffpunkt in der Lobby. Die Weiterreise konnte beginnen. Mit zwei kleinen Transporter wurden wir zum Hafen gebracht. Mit ca. 800 kg Gepäck und 360 Litern Wasser kamen wir mit jeder Menge gemischter Gefühlen mit der Fähre in Ormoc an. Dort wurden wir vom bewaffneten Militär mit einem LKW abgeholt. Bewaffnet deshalb, da wir begehrte Güter mit uns führten - Wasser und Medikamente. Die nächsten 2,5 Stunden fuhren wir durch eine völlig zerstörte Umgebung.

Fernsehberichte über unsere Arbeit


Bilder



Dass all die Verwüstung, die umgeknickten Palmen und die eingestürzten Häuser und Hütten nichts war, im Vergleich zu unserem Zielort, stellten wir mit jedem Kilometer, den wir näher nach Tanauan kamen fest. Auf dem Weg wurden wir freundlichst begrüßt, die Einwohner winkten uns zu, riefen und jubelten. Sie wussten genau warum ein Militärtruck voller weißer Menschen auf diesen Straßen fuhr... 

Während der Fahrt nach Tanaunan herrschte Totenstille. Das komplette Team war sprachlos über das Ausmaß der Zerstörung. Tanauan und Umgebung wurde vom Taifun Haiyan (Yolanda, auf den Philippinen genannt) am Schlimmsten getroffen.


Ziemlich durchgeschüttelt kamen wir endlich vor einem Gebäude, welches die sogenannte Townhall, darstellte, zum Stehen. Eines der wenigen Häuser, das nach dem Sturm noch stehen geblieben ist.

Dennis Borces, unser Missionsinitiator, kam aus dem Gebäude und warf uns ein nicht zuzuordnendes Lächeln zu...

Der Armytruck fuhr noch eine Straße weiter, wo sich unsere Schlafstätte befand. In einem nur wenig beschädigtes Haus, welches einem Freund des Bürgermeisters gehört, konnten wir unser Gepäck abladen. Davor, bewaffnete Männer, die für unsere Sicherheit sorgen sollten. Innendrin: Familien, die bei dem Taifun ihr Haus verloren haben und nun mit uns hier unterkamen. Ohne Pause, gingen wir danach direkt ins ''Krankenhaus'' - die Townhall.


Chaos, egal wo man hinschaute. Das 1 stöckige Gebäude diente als Lagerhalle für Hilfsgüter aus aller Welt.

 

Diese wurden im Erdgeschoss in einer Art Aula gelagert, im Obergeschoß befand sich eine Art medizinisches Hilfezentrum. Ein Lager für Medizinprodukte, ein ''Delivery room'' (Geburtsstation) , eine Ambulanz und unser OP. Es roch nach Moder, Schimmel und Dreck. Das Dach war mit Abdeckplanen provisorisch zugemacht. Jeder kleine Wind war eine Herausforderung. Die Abdeckplanen wurden von uns fast jeden Tag erneut festgezurrt oder die Wassereinlagerungen auf den Planen entfernt. Es regnete an allen Ecken und Enden in die Halle. Das Wiedersehen mit den Vorgereisten lockerte etwas die angespannte Stimmung. Endlich war das Team komplett. Christian und Dennis stellten uns unsere Mitarbeiter vor. Philippinische Krankenschwestern und Pfleger, die uns die nächsten Tage als Übersetzer und Helfer tatkräftig zur Seite stehen werden. Dann fingen wir an den Operationssaal und die Ambulanz einzurichten. Völlig durchnässte Akten, Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden, welche in der Townhall gelagert wurden mussten raus. OP Equipment musste rein.

Am Abend war alles verstaut und, kaum zu glauben, es stand ein improvisierter aber einsatzbereiter Operationssaal bereit. Das von uns besorgte Essen wurde von den Nurses zubereitet. Wir bekamen 3 mal am Tag eine Mahlzeit meistens Reis mit Corned Beef. Mehr als wir erwartet hätten. Am ersten Abend noch tauchten die ersten 2 Patienten auf. Nach deren Versorgung gingen wir rüber in unsere Schlafstätte. Geduscht wurde mit Eimern, die wir am Brunnen mit Wasser füllten, welches aus der Quelle stammt wo sich direkt daneben ein Massengrab befand. Man roch es, den modrigen beißenden Geruch. Aber es war besser als nichts. Jeder suchte sich einen Platz im Haus auf dem Boden wo er sein Lager aufschlug. Das sollte nun 3 Wochen unser Alltag sein.

7 Uhr morgens. Der erste Tag im ''Krankenhaus'' begann damit, dass Dennis das Team in die verschiedenen Bereiche einteilte. Die Patienten bekamen Nummern und wurden nach und nach in die Ambulanz gerufen. Dort wurden Wunden gereinigt und verbunden. Wir dokumentierten Alter und Name sowie Verletzung und Behandlung in einem Buch, sodass am Ende nachvollziehbar war, was wir in welchem Umfang gemacht haben. Menschen die eine Operation brauchten, operierten wir entweder direkt vor Ort in unserem OP oder schickten sie mit einem Ambulance-Car ins nächste Krankenhaus nach Tacloban.

Ein großes Problem war der nicht vorhandene Sauerstoff für Narkosen. Wir bekamen eine Flasche, die allerdings fast leer war. Nicht genug für eine richtige Narkose. Am Ende des ersten Tages hatten wir 64 Patienten in der Ambulanz und im OP versorgt. Es entstand eine Art Timetable an einem Whiteboard, wo wir die anstehenden OP's der nächsten Woche anschrieben. Das anfängliche Chaos, wand sich bald zu einer gut gelöste Organisation. Bei der ersten Tagesbesprechung entschieden wir Dennis und Joyce nach Baybay zu schicken. Wir brauchten dringend Sauerstoff um risikofrei zu operieren. Am nächsten Tag machten sie sich auf den Weg um diesen erfolgreich zu besorgen.

Jeden Tag aufs Neue die selbe Prozedur. Viele der Patienten kannte man am Ende der ersten Woche bereits, weil sie ständig zur Wundkontrolle kamen. Man freute sich sie wiederzusehen und umgekehrt. Die Dankbarkeit in den Gesichtern der Menschen war eine große Stütze für alle beteiligten Helfer. Jedoch nahm die Anzahl der Patienten in den nächsten Tagen stark ab, was zu einer allgemeinen Unzufriedenheit führte. Schon am dritten Tag hatte die Ambulanz kaum noch Arbeit. Wir entschieden, raus in die verwüstete Stadt zu gehen um aktiver in die Öffentlichkeit zu treten. Wir schauten uns die Stadt an, erklärten wer wir sind und was wir tun. Die Menschen begegneten uns mit unglaublichem Respekt und voller Freude. Sie bedankten sich für unsere Hilfe. Kinder zeigten uns den Weg zum Meer und erklärten uns wo ihre Schule war. Jeder von uns hatte mit den Tränen zu kämpfen. Ein unvorstellbares Chaos und wir mittendrin, machtlos. Zwar boten wir unsere medizinische Hilfe an, jedoch brauchten diese Menschen viel mehr als das. Alles, einfach alles war zerstört.

Wir blieben stehen und konnten es nicht glauben...
Wir blieben stehen und konnten es nicht glauben...
kleine Wege führen durch die Trümmer
kleine Wege führen durch die Trümmer

Zeltplätze direkt am Meer
Zeltplätze direkt am Meer

Straße gesperrt
Straße gesperrt

Man erklärte uns, dass man vor dem Sturm gewarnt wurde, dass es aber so oft Stürme in dieser Gegend geben würde und man die Warnungen deswegen nicht so ernst genommen hat. Das Wasser jedoch kam für die meisten unerwartet und das war es, was diese Stadt zerstört hat. Mit jedem Schritt näher Richtung Meer, wurde das Ausmaß der Katastrophe schlimmer und schlimmer. Wir liefen am leeren Strand entlang. Der pechschwarze, glitzernde Sandstrand war unberührt. Man erklärte uns, dass man weiterhin Angst hat vor den Wellen. Gerade die Kinder trauen sich nicht mehr baden zu gehen, weil die meterhohen Wellen am 8. November 2013 alles zerstörten. Man schaute nach links, wo das wunderschöne Meer glitzerte und dann nach rechts, wo nichts mehr steht. Sämtliche Häuser sind einfach weggefegt. Jeder von uns wusste nicht so recht mit dieser Situation umzugehen.



Die Kinder strahlten unglaubliche Lebensfreude aus. Sie rannten scheinbar fröhlich über die Trümmer, spielten und lachten. Der beißende Leichengeruch lag überall in der Luft. Das alles ignorierten sie. Eine andere Wahl bleibt ihnen auch nicht. Zurück in der Townhall war weiterhin wenig zu tun.

Wir entschieden uns am Abend dafür, mit dem Governeur von Siquijor zu sprechen, ob es vielleicht doch noch möglich wäre die ursprüngliche Mission mit einem Teil des Teams auf Siquijor durchzuführen. Unser Team war zu groß für die noch anfallende Arbeit in Tanauan. Ein Tag später war klar, das Team würde sich aufteilt. In einer 25 stündigen Reise gingen 7 von uns und ein großer Teil der Nurses mit Unmengen an Material weg von Tanauan, zur nächsten Herausforderung. Die Nurses fuhren Heim zu ihren Familien, wir zogen weiter auf die Insel Siquijor, um unsere ursprünglich geplante Mission nun doch noch zu beginnen und zu vollenden.

das Siquijor Team inklusive der philippinsichen Krankenwestern und der Soldaten
das Siquijor Team inklusive der philippinsichen Krankenwestern und der Soldaten


Siquijor 2013

Camnugahay Falls, Siquijor
Camnugahay Falls, Siquijor

Im dort vorhandenen Krankenhaus fingen wir am Abend noch an unser Material zu ordnen, während Chirurg und Anästhesist sich um das Patientenscreening kümmerten. 35 Operationen bis zum Ende unseres Aufenthaltes waren geplant. Nun plötzlich saßen wir in Mitten eines Paradieses. Das krasse Gegenteil und unvorstellbar, dass Tanauan auch mal ein solches Paradies war. Meistens waren wir mit dem Operationsprogramm am Nachmittag fertig, sodass auch mal Zeit war diese wunderschöne Insel zu genießen. Wir fuhren unter anderem zu Wasserfällen und Orten, wo wir die Philippinen von ihren schönstens Seiten kennenlernten. Dies tat uns allen gut um mit dem Erlebten in Tanauan besser klar zu kommen.


Ankunft Flughafen Frankfurt; von links nach rechts: Dr.Klemens Bieringer, Dr. Ashley Dindoyal, Michael Lischka, Stephan Rau, Samantha Schwartz, Christian Motsch, Christopher Nehl, Daniela Forler, Maike Eisler, Frank Schöndorf, Dennis Borces, Sabrina Rinck
Ankunft Flughafen Frankfurt; von links nach rechts: Dr.Klemens Bieringer, Dr. Ashley Dindoyal, Michael Lischka, Stephan Rau, Samantha Schwartz, Christian Motsch, Christopher Nehl, Daniela Forler, Maike Eisler, Frank Schöndorf, Dennis Borces, Sabrina Rinck

Am 11. Dezember fuhren wir nach Cebu zurück, wo wir uns alle gemeinsam noch einmal trafen. Die Nurses, das Team aus Tanauan und Siquijor und alle Beteiligten feierten einen letzten gemeinsamen Abend. Ein Team, das mit seinen Aufgaben gewachsen ist. Menschen die sich vorher kaum kannten und zusammen großartiges geleistet haben.

Am 13. Dezember flogen wir gemeinsam zurück nach Deutschland. Jeder mit einem Stück Erfahrung im Gepäck, die ein Leben lang bleibt und jeden einzelnen sehr geprägt hat. 

Bilder


Aufstellung der Kosten vor der Mission

für OP-Materialien:

               chir. Instrumentarium, Abdeck-,

               Naht- und Reinigungsmaterialien,

               Einmalkittel, Desinfektionsmittel

für Verbrauchsmaterialien und Medikamente der        

               Anästhesie

Kosten für Administration

Kosten für Dolmetscherin

 

Veranschlagte Kosten ca. 45.000 €

 

Zusätzlich kommt der Flug, dieser kostet zwischen 1000 Euro und 1300 Euro pro Person. Die Verpflegung vor Ort und unsere Übernachtung zahlt der Governeur von Siquijor.

Zusätzlich werden ausgediente Geräte und Ausstattungen von uns in Deutschland gesammelt und mitgenommen. Alle Geräte, welche in Deutschland „alt“ sind, sind auf Siquijor wie neu, und vor allem besser als die Geräte vor Ort. Das Krankenhaus kann wirklich alles gebrauchen. Schließlich müssen 91000 Menschen medizinisch betreut werden.

Leider sind die Geräte in Deutschland auch sehr beliebt (Bsp. Narkosegeräte werden in Tierarztkliniken weiter betrieben), daher müssen wir meist auch dafür viel Geld zahlen. Außerdem können wir für Geräte keine Spendenquittungen schreiben.

 

Die Mission fand vom 22.11.2013 bis 13.12.2013 auf Siquijor statt

 120 bis 150 kleinere und größere Operationen (die genauer Anzahl hängt vom aktuellen Bedarf vor Ort und der Größe der jeweiligen Operationen ab)